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Pandemie als Brandbeschleuniger des Umbruchs

Aktualisiert: 16. März 2021

Möbelkultur im Wandel von Sebastian Vogler


Nach einem schwachen Ausklang der 2010er Jahre ging die Möbelbranche Anfang 2020 mit verhaltener Hoffnung in ein neues Jahrzehnt. 2020 sollte ein Jahr werden, das ein grundsätzliches, neues Denken der Verantwortlichen in unserer Branche nötig machen sollte. Die ersten Corona-Fälle erreichten Europa und auch Deutschland blieb davon nicht verschont. Schon während der IMM 2020 in Köln blieben viele Hersteller und Besucher der größten deutschen Möbelmesse fern. Auf den schwach besuchten Gängen der Messe konnte man förmlich spüren, dass sich etwas verändern würde.


Am 22. März 2020 trat der erste Corona-Lockdown in Kraft. Es wurde zwar keine allgemeine Ausgangssperre verhängt, aber es bestand ein Kontaktverbot. Der Einzelhandel musste die Türen schließen. Der ohnehin schwächelnde stationäre Möbelhandel war davon hart getroffen. Bei Händlern, die keinen Online-Shop hatten, brach der Umsatz komplett ein. Möbelgeschäfte mit einem Standbein im Internet verzeichneten ein erhöhtes Umsatzvolumen im Netz. Sie kamen oftmals mit einem blauen Auge davon - auch dank staatlicher Hilfen und Kurzarbeit. Rein digital aufgestellte Händler dagegen berichteten von einem regelrechten Boom in Zeiten des Lockdowns. Am 15. April gab Angela Merkel bekannt, das Kontaktverbot bis Anfang Mai zu verlängern. Am selben Tag erklärte die Kanzlerin die Exit-Strategie, die zum Ausstieg aus den Corona-Maßnahmen führen sollte. Auch der Einzelhandel sollte wieder öffnen unter Einhaltung der Hygieneregeln.


Der Monat Mai brachte einer davon völlig überraschten Branche dann einen lang anhaltenden Boom. Aufgrund von Homeoffice und Reiseverboten wurde das private Reich der Konsumenten immer wichtiger. Budget für neue Kleidung oder die Urlaubsreisen blieben unangetastet. Geld wurde genutzt um das Zuhause schöner zu gestalten. Oftmals verschobene Neuanschaffungen wurden getätigt: Eine neues Wohnzimmer, die neue Küche, ein schickes Schlafzimmer und nicht zuletzt das stets vernachlässigte Arbeitszimmer, in dem jetzt viel Zeit verbracht wurde. „Paradiesische Zustände im Möbeleinzelhandel“ so konnte man lesen. Diese massiv erhöhte Nachfrage nach Möbeln führte zu erheblich längeren Lieferzeiten. Die Hersteller – teilweise selbst vom Lockdown betroffen – kamen mit dem erhöhten Bestellaufkommen kaum mehr nach.


Eine Lehre aus dem ersten Shutdown hätte sein können, das der stationäre Handel die Digitalisierung vorantreiben muss. Multi-Channel Konzepte hätte entwickelt werden können, die stationären und online-Handel intelligent miteinander verknüpfen. Auch hätte jeder halbwegs informierte Entscheider wissen können, dass ein zweiter Lockdown kommen würde. Doch das gute Tagesgeschäft im Sommer und Herbst machte viele blind für diese langfristigen Aufgaben. Nicht sonderlich überraschend kam dann der zweite harte Shutdown kurz vor Weihnachten 2020. Die Corona-Zahlen, Neuinfektionen, Inzidenzen, Todeszahlen und der sog. R-Wert stiegen wieder massiv an und alles musste wieder schließen. Der Umsatz der Möbelbranche brach - wie zu erwarten – erneut ein. Wer jetzt keine digitale Filiale hatte, dem drohte die selbstverschuldete Insolvenz. Die Online-Konzerne boomten. Möbel, lange Zeit Produkte, die gerne stationär gekauft wurden, wurden zu online-Rennern.


Man mag über die Qualität der deutschen Politik streiten und wir werden an dieser Stelle keine Meinung äußern, aber eins ist klar: Die Pandemie wird uns noch lange begleiten. Sie beschleunigt ohnehin zu beobachtende Veränderungen im Einzelhandel. Die oftmals beklagte und schon Jahre andauernde Verödung unserer Innenstädte verlangt nach neuen Konzepten der Städteplaner. Das immer mehr inhabergeführte Geschäfte schließen und Platz machen für billige Handelsketten, daran hatten wir uns bereits gewöhnt. Die Innenstädte sehen schon seit Jahren alle mehr oder weniger gleich aus. Die neue Qualität besteht darin, dass jetzt selbst größere Handelsketten Geschäfte schließen oder komplett vom Markt verschwinden. Gerade für kleinere Möbelhäuser in Innenstädten ist die Digitalisierung eine Chance. Die Stärke kleinerer Häuser liegt in der Beratung und das bedeutet, dass diese jetzt auch per Hotline, digital im Chat oder per E-Mail erfolgen kann. Ein gut funktionierender und zeitgemäßer Online-Shop ist die Basis dafür. Im besten Fall generiert der Webshop zusätzlich Umsatz ohne Beratung. Umsatz wird auf allen Ebenen generiert. Verkauf wird so zum Teamwork.


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